„Es nimmt einem beim Besuch der Gedenkstätten die Luft zum Atmen“

Hier ein Bericht über die Delegationsreise von Mitgliedern des „Riga –Komitees“ auf Einladung der Bezirksregierung Münster nach Lettland vom 12.-15.06.2023

Erst nach einigen Tagen haben meine Frau Simone als Ratsfrau und ich als Teilnehmer der Stadt Steinfurt  ( ehrenamtlicher Antisemitismusbeauftragter ) die meisten Eindrücke dieser schönen, aber auch sehr emotional schweren Reise nach den zahlreichen Gedenk – und Mahnorten in Riga und Umgebung einigermaßen verarbeiten können. Orte wie den Wald von Bikernieki zu besuchen, wo auch am 13.12.1941 zweiunddreißig deportierte Juden aus Steinfurt erst erschossen und dann im Wald mit anderen Menschen in insgesamt 55 Massengräbern verscharrt wurden, nimmt einem erst einmal die Luft zum Atmen. Was kann Menschen bewegen,  andersdenkende oder andersgläubige Menschen entweder gleich zu ermorden oder auf eine längere Zeit durch Arbeit zu vernichten. Diese Reise führte u.a. auch an den Bahnhof von Skirotova wovon auch Deportationen der „intellektuellen“ Führung Lettlands durch die Sowjets nach Sibirien am 14.06.1941 stattgefunden haben. Dieser Tag ist heutzutage in Lettland ein Gedenktag. Auch haben wir die einzig noch erhaltende Synagoge der Stadt, die  Peitav Shul Synagoge besucht wie ebenfalls die nur noch in Grundmauern erhaltende, bewusst in Flammen gesetzte Große Choral Synagoge ,als Gedenkort besucht. In diese wurden  1941 sehr viele lettische Juden hineingetrieben und lebendig verbrannt. Die wirkliche Anzahl der Opfer ist bis heute nicht bekannt. Besucht haben wir auch das ehemalige jüdische Ghetto in der Stadt. Dort steht in der ehemaligen Bielefelder Strasse 7 ein Haus, wohin Mitte Dezember 1941 die über Münster deportierten Juden auch  aus der Stadt Steinfurt und anderen Gemeinden im Regierungsbezirk Münster mit dem Zug hin deportiert und dann in dem schon genannten Wald von Bikernieki erschossen wurden.

Sehr interessant war auch das Gespräch mit dem deutschen Botschafter in Lettland Herr Held, der von der aktuellen Verbundenheit Lettlands mit dem Schicksal der Ukraine und dem aktuellem Verhältnis der zum Teil russisch geprägten Bevölkerung und der lettischen Gesellschaft sprach.

Seit vielen Jahren gibt es in Steinfurt die sogenannten Stolpersteine, die die vielen nach Riga und anderen Orten deportierten Juden uns ins Gedächtnis zurückrufen. In beiden Stadtteilen gibt es auch aktive „Stolpersteingruppen“, die durch Aktionen und auch Publikationen das Gedenken an ihr Schicksal wach halten. Sie verbinden das Gedenken mit der Mahnung, niemals zu vergessen und damit auch einen wichtigen Beitrag für die Zukunft unserer Gesellschaft zu leisten.

Wichtig ist dabei auch zu erwähnen, dass es doch auch sehr viele Menschen in Lettland gab, die unter Lebensgefahr Juden versteckt und gerettet haben. Ein solcher „Judenretter“ war der Arbeiter Zanis Lipke, der aus dem jüdischen Ghetto mit weiteren Helfern viele Juden gerettet hat und später auch dafür die Auszeichnung „Gerechter unter den Völkern“ vom Staat Israel verliehen bekam.

Ich danke hiermit auch dem Regierungspräsidenten aus Münster Herr Bothe,  dem Historiker M. Ester M.A. und der sehr guten, lettischen  Reiseleitung Frau Ilze Karlsone für die Begleitung und Führung durch diese sehr wichtige Reise.

Auch erwähnen möchte ich zum Schluss, dass die Stadt Riga und das Land Lettland auch kulturell  und geschichtlich immer eine Reise wert ist. Mit dem Flugzeug heutzutage in nur 2 Stunden zu erreichen.

Wolfgang Alfers

Artikel kommentieren

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Mit der Nutzung dieses Formulars erklären Sie sich mit der Speicherung und Verarbeitung Ihrer Daten durch diese Website einverstanden. Weiteres entnehmen Sie bitte der Datenschutzerklärung.