Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin,
der Haushaltsplanentwurf 2021 ist unter schwierigen Bedingungen aufgestellt und beraten worden. Ausschuss- und Fraktionssitzungen in Präsenz sind im Verlauf des letzten halben Jahres zunehmend von Videokonferenzen abgelöst worden. Das hat die politische Auseinandersetzung und den Austausch zwischen den Fraktionen belastet. Eine Diskussion mit Rede und Gegenrede ist in den Online-Konferenzen kaum möglich und auch in den wenigen Präsenzveranstaltungen unter Corona-Bedingungen aktuell auch nicht angesagt. Wir hoffen, dass wir in absehbarer Zeit wieder zu den gewohnten Sitzungsformen zurückkehren können, auch wenn das aktuell noch nicht danach aussieht.
Ein Dank an dieser Stelle an die Verwaltung, die uns ein leistungsfähiges Videosystem zur Verfügung gestellt hat.
Ein großes Hindernis bei den Videokonferenzen stellt aber immer noch die mangelhafte IT-Infrastruktur in Steinfurt dar. Leitungsabbrüche, schlechte Tonqualität und Anmeldeprobleme gehörten und gehören immer noch zum Alltag dieser Online-Sitzungen, nach unseren Erfahrungen völlig unabhängig davon, mit welchem Videosystem man es zu tun hat.
Diese Probleme, jetzt hautnah in der Politik zu erfahren, beschäftigen die Schüler*innen und deren Eltern, sowie natürlich auch diejenigen, die im Homeoffice ihre Arbeit bewältigen, seit mittlerweile über ein Jahr. Immerhin sind mittlerweile fast alle Schulen in städtischer Trägerschaft und die letzte ohne Glasfaseranschluss wird in diesem Jahr an das schnelle Internet angeschlossen. Die Mittel dafür stehen im Haushalt bereit. Für die privaten Haushalte gilt das nicht, hier sind die Leitungsqualitäten völlig unterschiedlich, je nachdem, wo man wohnt. Auch bei den Endgeräten gibt es erheblichen Bedarf, bis alle Schüler*innen einigermaßen gut ausgestattet worden sind. Manche Studien zeigen, dass durch die Coronazeit mit ihren Folgen fast ein Drittel aller Schüler*innen „abgehängt“ worden sind. Das muss uns sehr zu denken geben, weil es die Zukunft und die Chancen vieler junger Menschen schwer gefährdet. Aus diesem Grund hat meine Fraktion einen Resolutionsentwurf an die Schulministerin des Landes vorgelegt, den der Schulausschuss leider abgelehnt hat.
Im Haushalt sind erhebliche Mittel zur Verbesserung der IT-Struktur der Schulen vorgesehen, was wir sehr begrüßen. Genauso unterstützen wir die Einrichtung weiterer Stellen für die Schul-IT, die in den nächsten Jahren noch weiter ausgebaut werden muss.
Im Rahmen der Haushaltsplanberatungen hat die Fraktion Bündnis90/Die Grünen einige Anträge gestellt. In einem Antrag ging es um verkehrsberuhigende Maßnahmen wie Rüttelstreifen in den Tempo30-Zonen oder auch um eine Messeinrichtung. Damit sollen die Geschwindigkeit reduziert und die Straßen für alle Verkehrsteilnehmer sicherer gemacht werden.
In einem weiteren Antrag haben wir uns für die Beleuchtung eines Teilabschnitts der Radbahn eingesetzt. Auch diese Maßnahme dient der Erhöhung der Verkehrssicherheit und des Sicherheitsgefühls. Buswartehäuschen, die neu aufgestellt werden, sollen demnächst begrünt werden als ein Teil unserer Forderung, Steinfurt soll grüner werden. Dem dient auch die von uns beantragte Teilnahme am European Energy Award. Ebenso ist das Projekt „Zichoriengarten“ jetzt umsetzbar. Der erste Förderantrag kann noch diese Woche gestellt werden. Damit gewinnt Steinfurt eine weitere kleine grüne Oase.
Der Flächenverbrauch ist auch in Steinfurt ein Problem, das wir im Auge behalten müssen. Die Bundesregierung hat einen Stufenplan entwickelt, um der Versiegelung Einhalt zu gebieten. Wir wollen keinen Sozialismus wie ein Kommentar eines CSU-Politikers war und sind auch keine Verbotspartei, wie es gerne die Liberalen darstellen wollen, wir fördern ein Umdenken bei der Schaffung von Wohnraum: Zwei- und Mehrfamilien-Häuser schaffen viel, auch günstigeren Wohnraum bei weniger Versiegelung. Auch dem Verschotterungswahn in vielen Neubaugebieten müssen wir pflegeleichte Alternativen mit Lebensraum für Flora und Fauna entgegensetzen. Es sind zugegebenermaßen kleinere Vorhaben, aber um die Klimaveränderung und das Artensterben zu stoppen, muss heute an vielen Stellen angefangen werden. Sonst gefährden wir durch unser Nichthandeln die Zukunft kommender Generationen.
In diesem Jahr finden die Gedenkfeiern zum Jubiläumsjahr „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ statt. Um Veranstaltungen zur besonderen jüdischen Geschichte in Steinfurt zu fördern, wurden 3.000 € in den Haushalt eingestellt. Mit diesen Veranstaltungen soll auch dem zunehmenden Antisemitismus begegnet werden.
Wir als Bündnis90/ Die Grünen stehen für eine demokratische, weltoffene Gesellschaft. Der Kampf gegen den latent vorhandenen Antisemitismus gehört für uns zur Selbstverständlichkeit unseres Handelns. Gerade die Thematisierung dieses Anliegens in den Schulen unserer Stadt halten wir für eine wichtige präventive Maßnahme zur Vorbeugung von Antisemitismus. Daher setzen wir uns auch für die Einsetzung eines ehrenamtlichen Antisemitismusbeauftragten ein, der diese Arbeit mit den Schulen intensiviert und andere öffentliche Aktionen mit vielen gesellschaftlichen Gruppen in der Stadt Steinfurt organisiert.
Insgesamt präsentiert sich der Haushaltsentwurf als stimmiges Gesamtwerk, in dem viele auch grüne Ansätze vorhanden sind. Wir werden dem Haushalt 2021 zustimmen.
Wir bedanken uns für die Unterstützung durch die Kämmerei, insbesondere bei Herrn Meyer während der Beratungen. Unser Dank gilt auch den anderen Fraktionen für die Zusammenarbeit in durchaus schwierigen Zeiten.
Ludger Kannen
Fraktionssprecher Bündnis90/Die Grünen